19.01.2004 Jahreshauptversammlung

01. - 22.08.2004 Internationales Jugend- und Friedens- Workcamp in Israel

Projektziele des deutschen Partners

"Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage e.V." Kreis Bernkastel-Wittlich

Allgemeine Ziele:

1. Ausgrabung, Rekonstruktion und Erhaltung eines jüdischen, vorchristlichen Erbes in Israel (archäologische Fachbetreuung)

2. Kennenlernen des modernen Israels und seiner historischen Wurzeln

3. Begegnung mit anderen Kulturen

4. Begegnung der Religionen aus der Nahostregion: Juden - Christen-Drusentum und Islam

5. Unterstützung des friedlichen Zusammenlebens innerhalb Europas und im Nahen Osten (Friedensprozess)

6. Stärkung und Sensibilisierung für die Einhaltung der Menschenrechte

7. Förderung der internationalen Völkerverständigung, Zusammenarbeit und Freundschaft

8. Solidarität mit den Menschen in Israel

Ziele für die internationale Jugendgruppe (Deutsche, Polen, Juden, Drusen und arabische Beduinen):

- Zusammen leben, lernen, feiern und arbeiten ermöglichen es, Verständigung, Offenheit, Toleranz, Respekt, Gemeinschaftsgefühl und Verständnis füreinander zu entwickeln

- Abbau von individuellen und kollektiven Vorurteilen, Berührungsängsten, Aggressionen, Rassismus und Antisemitismus

- Training zur Gewaltprävention Informationsaustausch über die Kulturen, Traditionen, Feste und Religionen der fünf teilnehmenden Volksgruppen im Rahmen selbst gestalteter Kulturabende

- Überwindung von Sprachbarrieren durch Gruppenarbeit (Englisch ist die Kommunikationssprache)

- Sensibilisierung des Geschichtsbewusstseins

- Historische Einordnung der eigenen archäologischen Ausgrabungen von der 2200 Jahre alten jüdischen Siedlung

- Besuch antiker Stätten (Massada, Appolonia u.a.)

Jerusalem, eine historische Stadt der religiösen, kulturellen und menschlichen Begegnung zwischen Orient und Okzident

- Yad Vashem - Auseinandersetzung mit dem Holocaust, seinen Auswirkungen und - Herstellung des Gegenwartsbezugs: NIE WIEDER!

- Kennenlernen des modernen Israels durch Besichtigungen und im Zusammenleben mit israelischen Gastfamilien

- Durchführung gemeinsamer Kommunikations- und Integrationskurse, um die täglichen Erfahrungen zu verarbeiten:

- Teamgespräche und -arbeit sollen demokratische Strukturen stärken

- Sport, Tanz und künstlerische Gestaltung sind Ausdruck gemeinsamer Zukunftsziele (siehe Menora in Jerusalem)

- Interaktion und Gespräche (Mediation mit psychologischer Fachbetreuung)

- Multimediale Dokumentation (fünfsprachig) - eine der gemischten Arbeitsgruppen erstellt die Dokumentation während der 3 Wochen

Ziele des israelischen Partners KKL-Jerusalem

Das deutsch-israelisch-polnische Projekt mit dem JNF

Archäologische Ausgrabung der jüdischen Siedlung im Negev

- Mit diesem Projekt werden die TeilnehmerInnen das antike jüdische Leben im Negev kennen lernen. Der Negev ist eine faszinierende Landschaft im Süden von Israel, heute bekannt als die "beduinische Wüste" und "Nabatians". Die zionistische Geschichte begann dort erst 1943.

- Mit diesem Projekt zeigen wir den Negev von den Zeiten unserer Väter der jüdisch-israelischen Nation über die Geschichte hinweg bis hin zu unseren Zeiten und den Negev von morgen.

- Die TeilnehmerInnen werden mit den jüdischen Wurzeln vertraut gemacht. Durch die Ausgrabung der Synagoge in Rimon werden sie gemeinsame historische Wurzeln entdecken und die Ähnlichkeit mit der Struktur der Synagogen, Moscheen und Kirchen in der Diaspora und deren vielfältigen Funktionen.

- Nach der Beendigung des Projekts wird es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, als eine der neuen Sehenswürdigkeiten und wird damit eine weitere Attraktion im Negev sein, die den Tourismus im Süden fördern wird.

- Die TeilnehmerInnen werden durch eine aufregende Erfahrung die vielen verschiedenen Gesichter des Negev kennen lernen. Und sie werden Gelegenheit haben, Jerusalem und Tel Aviv zu besuchen und Teil der Menschen zu sein, die kreativ arbeiten und dazu beitragen, gemeinsam Freude zu finden und Friedensarbeit im Projekt zu leisten.

- Die TeilnehmerInnnen werden auch am Aufbau der großen Menora (siebenarmiger Leuchter, ein Symbol für die Erschaffung der Welt durch Gott in sieben Tagen sowie eines Lebensbaums) teilhaben. Es ist ein einzigartiges Projekt in Jerusalem, bei dem eine 6,5 Meter hohe Menora aus 5.776 individuell angefertigten Bauteilen hergestellt wird. Jugendliche TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt: Nord- und Südamerika, der früheren UDSSR, Asien, Afrika und Europa, verarbeiten, wie bei der biblischen Menora, die mitgebrachten Einzelstücke zu einem Gesamtkunstwerk, das als gemeinsames Friedenswerk in die Zukunft strahlen soll.

Historischer Boden und Gegensätze in einem zerrissenen Land

Tagesbilder - Innenansichten von Elmar-Georg Konrath

Vorbereitungen

Es war Ende Dezember 2003 als ich davon hörte, dass die Partnerstädte Bernkastel-Kues und Otmuchów in Polen ein Projekt in Israel durchführen wollen. Mitte März 2004 begannen die konkreten Planungen, die Termine wurden festgelegt und Informationsveranstaltungen fanden statt. Als die deutsche Reisegruppe feststand, begannen die Vorfreude und die Überlegungen für die vier Tage, an denen sich die polnischen Jugendlichen vor dem Abflug nach Israel in Bernkastel-Kues in ihren deutschen Gastfamilien zum besseren kennen lernen aufhalten würden.

Mittwoch, 28. Juli 2004

Unsere Freunde aus Otmuchów, die wir teilweise noch vom letzten Jahr kannten, treffen Dank eines wohl absolut motivierten Busfahrers und entgegen der eigentlichen Planung schon um 7.00 Uhr morgens in Bernkastel-Kues ein. Problem dabei, von uns war keiner da, wir wissen etwas von 10.00 Uhr.

Zu der ursprünglichen Zeit kommen dann auch alle am Parkplatz hinter der Verbandsgemeinde zum Empfang unserer etwas übermüdeten Gäste aus Polen. Es geht gleich anschließend zu einem Empfang beim 1. Beigeordneten Leo Wächter, der uns alle sehr freundlich empfängt und danach können unsere Gäste zu ihren Quartieren.

Mein Gast ist der Englischlehrer aus Otmuchów, Jarek Siudak, den ich auch schon kenne. Nach einer kurzen Erholungspause mit Musik, radeln wir zum Cusanusstift nach Kues, wo die kleine Stadtführung mit Burgbesichtigung los geht.

Donnerstag, 29. Juli 2004

Gleich zum Auftakt trifft sich die gesamte Tourgruppe, soweit nicht durch Studium oder Prüfungen verhindert morgens gegen 9.30 Uhr bei unserer Chefin Renate Khoschlessan. Schließlich will man sich kennen lernen, da einige Teilnehmer sowohl aus Polen als auch aus Deutschland nicht beim letztjährigen Projekt in Otmuchów dabei waren. Die Englischkenntnisse der Jugendlichen sind so gut, dass ich mich fast schämen muss, in dem Bereich nicht mehr getan zu haben. Zumindestens aber gibt es für den geplanten deutsch-polnischen Kulturabend in Israel einige gute Ideen zur Darstellung der Länder.

Mittags geht es nach Hinzert zum KZ-Sonderlager. Es ist doch erstaunlich, dass man in unmittelbarer Nähe einer Gedenkstätte größter Barberei lebt, und doch noch nie da war. Mir geht es jedenfalls so, dass ich bei mir feststellen muss, dass ich mich mit dem Thema der NS-Herrschaft in unserer Gegend so gut wie nie beschäftigt hatte. Unsere polnischen Gäste sind auf jeden Fall beeindruckt und glücklicherweise kann auch ein Informationsheft in ihrer Landessprache Fragen gut beantworten.

Im Anschluss an Hinzert fahren wir nach Trier, für unsere polnischen Gäste gibt es erst einmal eine Stadtführung. Derzeit ist Izabella aus Nysa so von den römischen Bauwerken fasziniert, dass sie den Abfahrtstermin verpasst, dann hat Jarek Pech, dem seine Sandalen quasi auseinander fallen, aber wir kommen nur etwas zu spät zur Weinprobe nach Filzen, bei der wir mit hervorragenden Weinen und einem leckeren Buffet verwöhnt werden.

Freitag, 30.07.2004

Ein sportlicher Tag steht uns bevor, sehr zur Freude unserer polnischen Gäste, die sich alle in guter Form präsentieren. Erst mal geht es zum Stadtbürgermeister von Bernkastel-Kues, Herrn Wolfgang Port, der sich als sehr interessierter Bewunderer unseres Projekts darstellt und uns viel Glück wünscht.

Nach dem offiziellen Teil geht es dann endlich los, per Schiff nach Traben-Trarbach und von dort aus dann über den Radweg in Richtung Bernkastel-Kues zurück. Karl-Heinz Klein, Marek und Kuba fahren dabei ein strammes Tempo, aber als Gentlemen der alten Schule warten sie natürlich immer wieder. Im Weingut Simon in Lösnich pausieren wir etwas länger, hier werden Schupfnudeln gegessen, die zwar nicht moseltypisch sind, dafür aber umso besser schmecken.

So gestärkt, fahren wir weiter bis Wehlen. Ab da löst sich so langsam die Gruppe auf, da einige noch etwas am Abend vorhaben, Kuba, Marek und Daria wollen zum Basketballländerspiel nach Trier, immerhin, das deutsche Team mit Dirk Nowitzki gegen Estland, das lohnt sich allemal. Als Abschluss aller sportlichen Aktivitäten geht es dann zum Maringer Weinstraßenfest und anscheinend muss der Wein gut gewesen sein, es wird ziemlich spät.

Moselschifffahrt nach Traben-Trarbach, zurück mit dem Rad
Moselschifffahrt nach Traben-Trarbach, zurück mit dem Rad

Samstag, 31.07.2004

Der Actiontag für mich, das Grillfest ist vorzubereiten. Als erstes bringe ich Jarek zum Freibad, wo sich die Gruppe trifft. Dann bestelle ich Brot und Fleisch und zum Schluss mache ich alles klar im Osanner Tennishäuschen. Anscheinend ist das Fest ganz gut organisiert, es schmeckt allen, jeder wird satt, auch die 30 Gäste fühlen sich wohl.

Zum Glück geht auch das Aufräumen relativ schnell, Jarek und ich müssen noch packen.

Sonntag, 01.08.2004

Abfahrt ist um 9.00 Uhr in Bernkastel-Kues. Der Tag des absoluten Sicherheitsballetts auf den Flughäfen Frankfurt und Tel Aviv erwartet uns. Ausgerechnet unsere Chefin muss den Inhalt ihres übervollen Koffers präsentieren. Zudem erlebt jeder von uns seine eigene kleine Zitterpartie, schließlich hat jeder Weinflaschen im Gepäck, und dass das im Falle eines Zubruchgehens nicht unbedingt angenehm sein würde, hoffen wohl alle auf einen einigermaßen stoßfreien Umgang mit den Koffern und Taschen.

Als dann der letzte von uns den Sicherheitscheck überstanden hat, geht es nach einer 90-minütigen Wartepause endlich ins Flugzeug, das glücklicherweise über eine gute Küche verfügt.

Auch nach der Landung in Tel-Aviv gibt es dann zu mindestens für Claudia ein kleines Sicherheitsballett, Auslöser war ihr syrisches Visum im Pass. Also erneutes Warten und dann können uns unsere Gastgeber, unter anderem Guy, Elad, Dana, Rina und Ronnie vom Otmuchówprojekt, begrüßen. Eine kurze Busfahrt bis zum Hotel, und dann startet das eigentliche Projekt, d.h. zuerst gibt es ein hervorgehendes Abendessen, dann Kennenlernspiele. Ich habe zwar versucht, mir alle Namen zu merken, aber das hat einfach nicht funktioniert, mal sehen, ob ich das bis zum Ende hin bekomme.

Elad führt uns dann noch in den Park und veranstaltet einige recht witzige Kennenlernspiele.

Vorstellungsrunde der TeilnehmerInnen
Vorstellungsrunde der TeilnehmerInnen

Montag, 2. August 2004

Auf das Frühstück bin ich gespannt, hier wird anscheinend unheimlich viel Salat angeboten, auch morgens, was mir aber durchaus entgegenkommt, da ich vorhabe, einige Kilo abzunehmen.

Unser erster Anlaufpunkt ist das Diasporamuseum in Tel-Aviv, wo wir eine deutschsprachige Führung haben. Das Museum zeigt jüdisches Leben durch die Zeitepochen, Baustile, aber auch ein Mahnmal des Holocaust, was wohl in keinem jüdischen Museum fehlen darf. Auf meine Fragen nach der Religiosität der jüdischen Jugend will unsere Führerin nicht so eingehen, wie ich mir das erhoffe, die Geschichte immer nur aus der Sicht des betroffenen Volkes zu sehen und präsentiert zu bekommen, entspricht allerdings nicht unbedingt meinem Geschmack. Interessant ist es allemal, und eine der dargestellten Synagogen habe ich von meinen Venedigbesuchen sofort erkannt.

Weiter geht es zum Rabin Memorial, das ist die Stelle, wo dieser hochintelligente und bewundernswerte Mann von einem Fanatiker erschossen wurde, tragisch für die jüdische Bevölkerung, da es auch noch ein Mann aus ihren eigenen Reihen war, und ein Verlust für die Friedensbemühungen in dieser Region.

Der nächste Tagespunkt ist offizieller Natur, es steht ein Empfang bei den Führungspersönlichkeiten von Youth Award an. Die ungewohnt lockere und heitere Ansprache des Vizebürgermeisters von Tel Avic, Nathan Wolloch, wurde gekrönt von einem hervorragenden Mittagessen. Weiter geht es zum nächsten Empfang beim deutschen Botschafter, der sich sehr interessiert an dem Projekt zeigt und uns am Ende viel Glück wünscht.

So, nun endlich ruft der Strand, und das nutzen nun alle reichlich aus, denn es ist heiß und schwül.

Aber der Tag ist noch nicht zu Ende, Old Jaffa by Night steht an, und das ist wirklich Klasse. Wir bleiben dann an der Strandpromenade von Tel-Aviv, Elad hat uns versprochen, dass es kein Problem ist, zu Fuß zum Hotel zu gehen. Leichtsinnig wie wir sind, glauben wird das, aber auf halbem Weg bleiben wir in dem Strandlokal mit Open-Air-Kino hängen.

Tel Aviv Rabbin Gedenkstätte

 

Dienstag, 3. August 2004

Wir fahren nach Zaizir zu einem Beduinendorf oder besser gesagt, einer Beduinensiedlung, bestehend aus fünf Teilgemeinden. Der Name jeder Teilgemeinde besagt auch, dass jeder Bewohner dieser Teilgemeinden deren Familiennamen hat, was sicher für uns Mitteleuropäer ganz ungewöhnlich ist. Die Beduinen verstehen sich als Mitglieder der arabischen Nation, aber sie unterscheiden sich in Bräuchen und Sprache von den Arabern. Zudem gelten sie als tapfere und verlässliche Kämpfer in der israelischen Armee. Aus diesem Grund besuchen wir nach unserem Empfang und dem ersten Kennenlernen das Beduinen-Memorial, eine Gedenkstätte für die in den Kriegen seit 1948 für Israel gefallenen Beduinen.

Old Jaffa bei Nacht

Ehrenmal der gefallenen Beduinen der israelischen Armee in Zaizir
Ehrenmal der gefallenen Beduinen der israelischen Armee in Zaizir

Es ist eine sehr interessante Gedenkstätte und wir bekommen auch einen Film zu sehen, leider nur in hebräischer Sprache, aber unsere Begleiter haben uns schon vorher über den Film informiert. Danach gibt es eine kleine Programmänderung, wir fahren nach Nazareth, wo uns leider nur neunzig Minuten Zeit für Sightseeing bleiben. Bei der großen christlichen Kirche (Verkündigungskirche, weil dort Maria die Geburt ihres Sohns verkündigt bekam) spricht mich ein junger Beduine an, der mich einiges zu Deutschland fragt, dann aber löchere ich ihn mit Fragen zur Politik und seinem Volk. Unter anderem scheint es wohl so zu sein, dass das große Engagement der Beduinen für Israels Armee zwar geschätzt wird, aber von allgemeiner Chancengleichheit im sonstigen Leben wohl nicht unbedingt die Rede sein kann. Auf der Rückfahrt will ich es genau wissen und frage bei der ersten Gelegenheit unseren Führer, der mir das teilweise bestätigt, was ich vorher gehörte habe.

Auf der Rückfahrt gibt er dann noch eine Geschichte aus dem Bereich islamischer Legenden zum Besten. Demnach soll Jesus, der auch im Islam als Prophet gilt, vom Berg Tabor nach Nazareth gesprungen sein, immerhin eine Luftlinie von bestimmt 5 bis 8 Kilometern.

Als wir nach Zaizir zurückkommen, gibt es im Jugendzentrum eine Castingshow

Begrüßungsfoto in Zaizir
Begrüßungsfoto in Zaizir

Die beduinischen Jugendlichen dürfen sich aussuchen, wer bei ihnen übernachtet. Am heftigsten werden natürlich die Mädels umworben. Mein Gastgeber heißt Khader und ich lerne schnell seine große Familie kennen und erfahre, wie wichtig Familientradition für sie ist. Am Abend lerne ich dann sogar noch einen deutsch sprechenden Beduinen kennen und den konnte ich ausgiebig befragen.

Mittwoch, 4. August 2004

Khader scheint sich echt zu freuen, als ich ihm als Dank für die tolle Bewirtung meine CD von Blackmore's Night in die Hand drücke. Ich hoffe, dass sie ihm gefällt. Die Tour geht nun weiter, Dabburija ist das Ziel, am Fuße des Berges Tabor, auf dem Jesus laut des Kapitels sieben im Matthäusevangelium mit Elias und Moses gesprochen haben soll.

Blick auf Daburiya vom Berg Tabor
Blick auf Daburiya vom Berg Tabor

Im Kommunikationscenter werden wir von Dr. Masahla empfangen, der uns einiges an Informationen zu bieten hat und sich nachher mit mir so gut unterhielt, dass ich das noch an anderer Stelle aufschreibe. Die Araber organisieren die Aufteilung unserer Gruppe wesentlich schneller als unsere Gastgeber einen Tag zuvor, ich komme mit Daria zu Gahleb Azaizeh, was sich als großer Vorteil erweist.

Mein Gastgeber belegt mich auch direkt ganz schön mit Beschlag, er zeigt mir unter anderem das lokale Altenheim und macht gleich eine kleine Rundfahrt durch die Umgebung. Dabei fragt er mir fast Löcher in den Bauch und als er hört, dass ich mich ein wenig für Politik interessiere, bekomme ich unheimlich viele Infos zu der gesamten Nahostproblematik aus seiner Sicht.

Nach einem tollen Mittagessen fahren wir auf den Berg Tabor und besichtigen die dort stehende Kirche. Mir läuft dabei ein mexikanischer Franziskanermönch über den Weg, der meine vielen Fragen ausführlichst beantwortet. Unser Fußweg vom Berg Tabor zurück nach Dabburija zeigt uns einen wunderschönen Weitblick bis zur palästinensischen Westbank.

Den Abend verbringen alle in ihren Gastfamilien, die spezielle Festtagsmenüs vorbereitet haben, zu denen auch die Großfamilie und Nachbarn eingeladen sind.

Donnerstag, 5. August 2004

Andauernd aus dem Koffer leben, auspacken, einpacken, kennen lernen und das viele Essen können anstrengend sein. Fühle mich wie gerädert nach der kurzen Nacht, und leider ist mein Besuch in Dabburiya viel zu kurz gewesen.

Es geht weiter nach Qyr-Tivon, einer kleinen Beduinenstadt. Unterwegs packe ich die Karte aus und sehe, wie klein das Land und wie kurz die Distanzen eigentlich sind. Angekommen in Qyr-Tivon werden wir in der Schule von Chalid und einigen Jugendlichen empfangen. Monir, mein Zimmergenosse aus Tel-Aviv, ist hier zu Hause und er zeigt uns die Stadt, wenn man das so überhaupt bezeichnen kann.

Empfang in der Beduinenstadt Qyr-Tivon
Empfang in der Beduinenstadt Qyr-Tivon

Anscheinend halten die Bewohner nicht viel von Müllentsorgung. Auf unsere Frage hin, hören wir, dass für so was auch von Seiten der Behörden kein Geld da ist. Es geht nach einem erneut opulenten Mittagessen und einem vorher einlegten Appetitanreger in Form eines von Elad ausgedachten Spiels weiter nach Akko ans Mittelmeer. Akko ist eine alte Kreuzritterstadt und war auch die letzte Bastion der Kreuzritter, bevor die Muslime das Land komplett zurückeroberten. Auch Napoleons Flotte konnte diese Festung nicht erobern, und er soll aus lauter Ärger seinen Hut mit einer Kanone in die Festung geschossen haben. Wir machen einen kleinen Stadtrundgang, der mir hervorragend gefällt, ich mag es sehr, in solchen alten Gemäuern rumzulaufen.

Wie bei allem, was wir bisher gesehen haben, ist auch diesmal die Zeit viel zu kurz und heute verpassen wir sogar etwas ganz besonderes. Die Gruppe entschließt sich zu einem Strandbesuch, weil wir ziemlich erschöpft sind. Zwar erfrischt uns das Bad wieder, hinterlässt aber doch eine schmerzhafte Erinnerung, da einige von uns Kontakt mit Feuerquallen haben.

Wir fahren so gegen 19.00 Uhr zurück nach Tivon, und da erblicken wir in Haifa, was wir verpasst haben. Hell erleuchtet sehen wir das Mausoleum von Baha Ullah, dem persischen Religionsstifter der Bahai und den angrenzenden Park, ein fantastischer Anblick.

Er war vor ca. 200 Jahren aus Persien emigriert und hielt sich für den letzten Propheten. In der von ihm begründeten Religion vereinigte er die besten Werte aus dem Judentum, Christentum, Islam und den Zoroastrismus. Er hatte sich damit aber nicht unbedingt Freunde gemacht, weder bei den Muslimen noch bei den Christen.

Wir übernachten bei unseren Gasteltern in Tivon, deren Gastfreundschaft wir vor lauter Erschöpfung nicht angemessen erwidern können.

Freitag, 8. August 2004

Knallige Hitze und das schon morgens um acht. Wir fahren zur Drusenstadt Daliyat el Carmel. Die Drusen sind ein eigenes Volk mit einer eigenen Religion, die sich in ihrer Kernaussage vom Islam erheblich unterscheidet. Ob man sie überhaupt zum Islam zählen soll, können wohl nur Fachleute beurteilen. Die Drusen in Israel zählen etwa 25.000 Menschen, davon 17.000 in der von uns besuchten Stadt. Es ist ein Scheichtum, der Vater von Riad Hassoun, Chef der Verwaltung ist der oberste Scheich der Drusen. Von unserem Führer erfahren wir einiges über die drusische Kultur und Bräuche, für sie zählt lediglich die Seele, die nur vorübergehend einen Körper bewohnt. Die Leiche und infolgedessen das Grab sind nicht wichtig für sie. Daher sieht man auch keine Grabsteine auf den Begräbnisstätten. In Ausnahmefällen kommt es vor, dass ein Verstorbener im Garten seiner Angehörigen beerdigt und dann auch ein Grabstein hingestellt wird. Ganz streng gläubige Drusen verfügen, dass sie irgendwo auf einem Feld beerdigt werden, ohne dass man weiß wo. Da sie an die Reinkarnation glauben, ist dieser Brauch wohl zu verstehen.

Auch die Drusen haben wie die Beduinen eine Gedenkstätte für ihre gefallenen Soldaten und Riad Hassoun erzählt uns dort einiges zu Jugendaustauschprojekten. Es ist vorstellbar, dort ein weiteres Projekt in den kommenden Jahren zu organisieren.

So wird ein Junggesellenabschied bei den Drusen gefeiert
So wird ein Junggesellenabschied bei den Drusen gefeiert

Es geht weiter nach Kfar Saba zum Jugendzentrum von Youth Award, wo wir von Aviva Ben Raphael, Ronnie und Rena sowie einigen Jugendlichen Empfangen werden. Die erneute Aufteilung unserer Gruppe auf Gastfamilien klappt eigentlich ganz gut. Aviva hat Platz zu Hause und ich kann dort unterkommen. Da Sabbat ist, gibt es jetzt ein traditionelles Essen in der Familie. Khader, Malik und Musa sind ebenfalls da, auch Ulla übernachtet hier, und nach dem Essen kommt es zu einer kleinen Diskussion über den Sinn der Ehe. Anscheinend hält Avivas Tochter Ruth nicht so viel davon, und ich bin der einzige, der ihr zustimmt.

Samstag, 7. August 2004

Es ist Sabbat, also wird weder gearbeitet, noch sind die großen Läden geöffnet. Elads Vater will am Strand von Herzelia joggen, und ich komme natürlich mit. Ist schon eine tolle Gegend und als wir zurückkommen, geht es gleich noch zur Abkühlung ins Schwimmbad. Dort erholt sich die Gruppe mit Relaxen, Schwimmen und bei Diskussionen.

Abends fahren wir nach Herzelia in das Jugendcamp Appolonia direkt am Meer. Das Camp ist sehr einfach, aber urig und romantisch. Wir sollen zwei Tage in den Holzhütten unter den Pinien bleiben. Leider ist Hans krank, auch Markus fühlt sich nicht sonderlich wohl, hoffentlich ist es nichts Ernstes.

Sonntag, 8. August 2004

Die Nacht war so heiß, dass wir unsere Betten aus den Hütten unter das zentrale Palmendach ins Freie stellten. Leider ist Hans immer noch schlecht dran, Markus hat jetzt auch Fieber und Karin erwischt es auch. Vor der großen Hitze um 6.00 Uhr beginnen wir damit, die Holzhütten des angrenzenden archäologischen Instituts weiß und rot zu streichen.

Daria bei der Arbeit
Daria bei der Arbeit

Die Stadt hatte Youth Award zur Auflage gemacht, die Holzhäuser in Stand zu setzen, anderenfalls drohe der Abriss. Wider Erwarten wurde diese morgendliche Aktion mit hungrigem Magen zu einem wirklich integrativen Gruppenerlebnis. Nach einem ausgiebigen Frühstück malten die Jugendlichen bei Musik, Tanz und Gelächter so lange weiter, bis uns die Puste ausging und wir an den Strand wechselten.

Wohl verdiente Ruhe nach getaner Arbeit
Wohl verdiente Ruhe nach getaner Arbeit
Der Abend und die Nacht verliefen ziemlich partymäßig.
Der Abend und die Nacht verliefen ziemlich partymäßig.

Montag, 9. August 2004

Trotz kurzer Nachtruhe, nehme ich auch an dem weiteren Malprojekt teil. Die Gruppe scheint ungeheuer motiviert zu sein, wir schaffen es tatsächlich, drei Häuser und den Spielplatz fertig anzustreichen, noch vor der Frühstückspause.

Dann geht es schnell zum Strand.

Vor dem Mittagessen machen wir noch einen Rundgang durch die Kreuzfahrerfestung von Appollonia, das ist wirklich interessant und spannend. Am Nachmittag geht es dann zum Empfang beim polnischen Botschafter, der uns mit seiner Familie in seiner Villa mit einem polnischen Buffet und israelischem Wein überrascht.

Dienstag, 10. August 2004

Von Herzelia fahren wir mit dem Bus weiter nach Be'er Sheva, allerdings besichtigen wir vorher noch eine Schafsfarm, wo einige von uns versuchten, Schafe zu melken. Vergeblich bemüht sich die ganze Gruppe (40 Jugendliche!) beim Schafetreiben dafür zu sorgen, dass drei Schafe, umzingelt von der Gruppe, ihr 100 m weit entferntes Gatter erreichen.

Wir haben es nicht geschafft, die Schafe sind uns ausgebrochen
Wir haben es nicht geschafft, die Schafe sind uns ausgebrochen

Danach geht es weiter zum Lahav-Forst, der von KKL in der Wüste angepflanzt worden ist und wohin wir das Mittagessen gebracht bekommen. Ralf, unser englisch- und deutschsprechender Führer, führt uns etwas im Wald herum und zeigt uns eine rituelle Badestelle aus dem 6. Jahrhundert v.Chr. Glücklicherweise bleibt er uns als Führer für die nächsten fünf Tage erhalten, denn er macht seine Sache sehr gut. Nach der kleinen Waldwanderung kommen wir endlich an die eigentliche Ausgrabungsstätte Rimon. Die Gegend ist eine weite kahle, heiße Hügellandschaft, aber ich freue mich auf die Ausgrabungsarbeiten. Unser Chefarchäologe erklärt uns bei einem Rundgang die wesentlichen Dinge zu der Stätte, wir kriechen sogar in eine Begräbnishöhle rein. Alles in allem genau das, was ich mir erhofft habe.

Die 2200 Jahre alte Synagoge wird uns erklärt
Die 2200 Jahre alte Synagoge wird uns erklärt

In Be'er Sheva sind wir im Beit Yatziv, einem weitläufigen Jugendhotel mit Park und Swimmingpool untergebracht.

Mittwoch, 11. August 2004

Morgens so gegen 5.30 Uhr stehe ich total ausgeruht auf. Schnell noch einen Kaffee, dann geht es raus zur Ausgrabungsstätte Rimon. Dass ich so einen Ehrgeiz beim Buddeln entwickeln würde, habe ich vorher auch nicht geahnt, aber die Sache macht richtig Spaß.

Ausgrabung eines Steinhauses
Ausgrabung eines Steinhauses

Ich habe mich auch eigentlich gut mit Sonnenschutzmittel eingecremt, kann also auch ohne T-Shirt arbeiten. So gegen zwölf Uhr ist Schluss, und wir fahren sehr verstaubt zu einem Universitätscampus der Uni Be'er Sheva. Dort wird u.a. über das Thema "Leben in der Wüste" doziert. Auf dem Gelände gibt es so eine Art Kantine, wo das Essen ganz gut ist. Danach geht es zum Kibbuz Sde Boker, wo auch der Alterswohnsitz von Ben Gurion liegt. Auf der Fahrt merke ich doch auf einmal, das ich mir möglicherweise einen Sonnenbrand zugezogen habe. Ärgere mich etwas über meine Dummheit, aber im Kibbuz mit der Wohnung des berühmten israelischen Staatsgründer David Ben Gurion, habe ich gar keine Zeit, mich zu ärgern, dafür ist das alles hier viel zu interessant. Unsere dortige Führerin erklärt uns einiges, und dann müssen wir alle selbst aktiv werden zum Thema Ben Gurion. Ich finde die Idee mit individuellen Forschungs- und Beobachtungsaufgaben sehr motivierend.

Im Garten von Ben Gurion's Alterssitz in der Negev Wüste
Im Garten von Ben Gurion's Alterssitz in der Negev Wüste

Ralf, unser Dauerbegleiter, will dann noch mit uns in einen Nationalpark, Nachal Zin, dort verläuft ein ganz kleiner Fluss (Nachal = Fluss), eine absolute Rarität in der Negev-Wüste, aber leider passt unser Zeitplan nicht mehr. So können wir am Ende nur am Grabmal von Ben Gurion, das vor dem gleichnamig benannten Institut liegt, die tolle Aussicht genießen und bekommen dann anschließend eine militärische Zeremonie zu sehen für junge jüdische Menschen aus aller Welt, die sich freiwillig zwei Monate in ein militärisches Vorbereitungscamp in Israel begeben haben. Ich stelle mir so ein Camp ziemlich hart vor, vor allem, als ich sehe, was die Soldaten so alles schleppen müssen.

Der Abend im Jugendhotel in Be'er Sheva wird beendet mit einer sehr interessanten Feedback-Runde zu dem bisher gemeinsam Erlebten.  

Donnerstag, 12. August 2004

Morgens um 5.30 Uhr geht es wieder raus zum archäologischen Graben, und heute weht ein sehr angenehmer Wind, der das Buddeln sehr erleichtert. Anabel findet einen fast kompletten Krug und wir legen weitere Stufen einer Treppe zur Mikwe frei, die in einer zugeschütteten Höhle vermutet wird.

Die Mikwe, das rituelle Bad, wird freigelegt
Die Mikwe, das rituelle Bad, wird freigelegt

Selbst für die Archäologin überraschend, legen wir die Grundmauern eines Hauses frei.

Mittags geht es zum Mitzpe Ramon, einem riesigen vulkanischen Krater, dessen Aussicht einfach unbeschreiblich ist. Dort einmal durchwandern oder wie unser Führer Ralf es gemacht hat, per Kamel durchreiten, das ist bestimmt ein Erlebnis.

Weiter geht es nach Kfar Hanokdim, einem echten Beduinen-Zeltdorf, wo wir einen Ausritt per Kamel in den Sonnenuntergang machen.

Am Abend fahren wir zu einer historischen Sound- und Lightshow nach Massada. Das für Israelis sicher sehr wichtige nationale Mythos-Spektakel wurde uns in deutscher Sprache nahe gebracht.

Freitag, 13. August 2004

Um 4.00 Uhr morgens machen wir uns auf den Weg zur Bergfestung Massada. Der Aufstieg ist beschwerlich, aber das Schauspiel, einen Sonnenaufgang mit Blick auf das Tote Meer so zu erleben, ist die Mühe wert.

5.00 Uhr morgens, Sonnenaufgang auf Massada
5.00 Uhr morgens, Sonnenaufgang auf Massada

Danach der historische Rundgang auf der Festung, und dann der Abstieg, der landschaftlich wunderschön ist. Nach einem gesunden Frühstück fahren wir weiter zur Oase Ein Gedi. Auf dem Hinweg sehen wir schon das Tote Meer ganz nahe und ich erfahre, dass das Meer jedes Jahr um einen Meter sinkt. Der Erhalt des Meers mit Hilfe eines Kanals vom Mittelmeer aus, scheitert derzeit an der politischen Lage.

Der Rundgang durch die Oase ist ein Traum. Wilde Murmeltiere, die man ganz nah fotografieren kann, Gazellen und die sattgrüne Fauna im Canyon zwischen Wüstenfelsen, und als Höhepunkt ein kühles Bad in einem kleinen See, der von der Bergquelle über mehrere Wasserfälle gespeist wird. Unser nächster Stop ist ein Strand am Toten Meer. Dieses Meer hat seinen Namen voll verdient, nichts lebt in diesem Wasser mit dem unglaublich hohen Salzgehalt. Man kann sich dort auf das Wasser legen und geht nicht unter. Während ich das teste, sehe ich, wie sich die Mädchen mit dem schwarzen Schlamm aus dem Meeresgrund einreiben. Auf meine Frage hin, erklärt mir Claudia, dass dieser Schlamm sehr mineralhaltig ist und daher gut für die Haut. Folge dem Beispiel der Mädchen und reibe mich ebenso ein, und am Ende werden wir als fast total geschwärzte Figuren alle abgelichtet.

Gesundheitsvorsorge am Toten Meer
Gesundheitsvorsorge am Toten Meer

Noch einmal etwas treiben lassen im Wasser, und dann eine intensive Dusche, der Schlamm geht doch etwas schwierig ab.

Um ca. 16.00 Uhr sind wir dann in Jerusalem im Beit Shmuel Jugendhotel, das praktischerweise ganz nahe an der alten Stadtmauer und dem Jaffa-Tor liegt.

Samstag, 14. August 2004

Rund 4000 Jahre Geschichte, heilige Stätte für Juden, Moslems und Christen und immer noch Streitball zwischen Ideologien, das ist Jerusalem. Die Stadt ist großartig. Wir wandern an uralten Bauwerken im alten Stadtteil vorbei, aber ein Tag, ja eine Woche ist viel zu wenig. Die alte Stadt innerhalb der großen Stadtmauer ist unterteilt in jüdisches, armenisches, muslimisches und christliches Viertel, aber die Übergänge sind fließend, und man merkt das gar nicht. Morgens machen wir eine Führung durch die beiden erstgenannten Viertel, und ich stehe irgendwann an der Westmauer, bei uns bekannt als Klagemauer und letzter Rest des zweiten Tempels, der um 70 n. Chr. von den Römern zerstört wurde.

Auf der Rückseite dieser Wand ist der Tempelberg, heute ein muslimisches Zentrum, die Moschee ist die drittheiligste Stätte der Muslime, weil hier der Prophet Mohammed per Pferd gen Himmel aufgestiegen sein soll. Nach dem Mittagessen ziehe ich auf eigene Faust los, ich gehe durch das muslimische Viertel und irgendwann bin ich wieder an der Grabeskirche, die im christlichen Viertel liegt. Alleine die Besichtigung dieser Kirche ist es schon wert, hierhin zu kommen.

Am Abend veranstalten die israelischen Jugendlichen ihren Kulturabend, sehr lustig und auch informativ, leider kriege ich die Tanzschritte nicht hin, aber ich werde das mir nochmal zeigen und erklären lassen.

Sonntag, 15. August 2004

Yad Vaschem, Dokumentationszentrum des Holocaust, und wie schon vor einem Jahr in Auschwitz befällt mich ein Gefühl des Grauens, vor allem, als ich wieder Fotos von den medizinischen Versuchen des Dr. Mengele sehe. Vor einem Jahr hätte ich mich fast übergeben, die entstehende Übelkeit umgehe ich mit schnellem Weitergehen. Wieso konnte so etwas überhaupt passieren, und waren das noch Menschen, die so etwas anderen antaten? Ich zweifle das immer an, aber dass es auch heute noch Leute in unserem Land gibt, die diese Verbrechen in Abrede stellen, entsetzt mich.

Immer wieder die gleiche Betroffenheit, immer wieder die gleichen unfassbaren Blicke, immer wieder die bohrenden Fragen, immer wieder das Unverständnis über die Unbelehrbaren.

Nachdem wir das Museum verlassen haben, geht es durch den Wald der Gerechten (hier steht auch ein Baum von Oskar und Emilie Schindler) zu einer Gedenkstätte, wo eine kleine Ansprache gehalten wird. Seit den Morgenstunden begleitet uns ein Fernsehteam aus Israel, und irgendwann werde ich auch zu meinen Beweggründen für das Projekt befragt. Ich nehme bei den Antworten kein Blatt vor den Mund, vor allem über die doch schweigende Mehrheit in Deutschland, die zuschaut, wenn Molotowcocktails in Asylantenwohnheime fliegen. Im Laufe der Feier bekommen 10 Mitglieder des Projekts eine Ehrung von Seiten des Youth Award sowohl für ihr Engagement in Otmuchów als auch für das hier in Israel. Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung in Form einer Statue.

Yad Vaschem
Yad Vaschem

Danach fahren wir zum Präsidentenpalast, wo uns ein Mitarbeiter einiges zum Palast und der Funktion seines Chefs erzählt. Selbiger weilt im Urlaub, daher gibt es diesmal kein Politikertreffen.

Elmar beim Baumpflanzen
Elmar beim Baumpflanzen

Unser nächster Halt ist der Präsidentenwald, wo jeder aus der Gruppe einen Baum einpflanzen darf. Das Projekt kommt von der Organisation KKL, die sich das Ziel gesetzt hat, Israel zu begrünen. Wir pflanzen jeder einen Baum ein, derweil das Kamerateam weitere Leute von uns befragt.

Nach einem kurzen Zwischenstopp geht es dann zur Ausgrabungsstätte Rimon zurück, wo wir noch eine Stunde fleißig arbeiten und uns danach in Be'er Sheva im gleichen Hotel erholen können.

Montag, 16. August 2004

Es geht ganz früh raus zur Ausgrabungsstätte.

Gruppenbild nach abgeschlossener Arbeit auf den freigelegten Stufen der Mikwe
Gruppenbild nach abgeschlossener Arbeit auf den freigelegten Stufen der Mikwe

irgendwann taucht dann das Fernsehteam von gestern wieder auf. Die Fragestellung des Reporters ist allerdings von einer deutlichen Voreingenommenheit, den multikulturellen Zielen des Projekts gegenüber, gekennzeichnet, wodurch sich eine kontroverse Diskussion entwickelt. Mittags fahren wir in den Kibbuz unseres Führers Ralf in Kfar-Azza, auch dort ist das Fernsehteam dabei und wieder ist die Fragestellung etwas unfair. Leider unterläuft dann sowohl unseren polnischen Teilnehmern als auch einigen Israelis ein ziemlicher Fauxpas. Da der Kibbuz von Ralf ziemlich nahe am Gazastreifen liegt, zeigt er uns zwei Flugkörperhüllen, die von dort in den Kibbuz rübergeschossen wurden. Dummerweise posieren dann einige mit diesen Waffen für ein Foto, und das kriegen die Fernsehleute natürlich mit, die anscheinend auf so etwas gewartet haben. Was ist die Folge? Die deutsche Gruppe reagiert verstört, was wiederum die israelischen und arabischen Freunde nicht verstehen konnten, weil sie Zeit ihres Lebens mit Terrorangriffen leben mussten, und eine andere Einstellung zu Verteidigung und Waffen haben.

Abends im Jugendhotel war auf Grund der Ereignisse ein deutlicher Dissens in der Gruppe zu spüren. In einer dreistündigen sehr offenen Diskussion wurde die unterschiedliche historisch bedingte Sozialisation erörtert, und es wurde Konsens darüber hergestellt, dass es sich bei allen TeilnehmerInnen um Menschen handelt, die gerade Projekte dieser Art für die Überwindung aggressiver Auseinandersetzungen zwischen den Kulturen, Religionen und Nationen als zukunftsweisend betrachten.

Dienstag, 17. August 2004

Aufstehen sollen wir schon um 6.30 Uhr, da ja der Bus um 7.00 Uhr nach Eilat abfahren sollte. Zu uns gesellte sich eine weitere Reisegruppe von 50 israelischen Jugendlichen, wodurch sich die Abfahrt erheblich verzögerte.

Schade, dass wir deshalb auf dem Weg nach Eilat nicht in den Bergen und der Wüste Halt machen konnten, die Aussicht und die Landschaft sind einfach grandios.

In Eilat geht es nach kurzer Begrüßung und Einchecken im Hotel direkt zum Strand, wo viele Aktivitäten geboten werden. Bananenreiten, Kajak oder Tretboot, alles im Preis inbegriffen, und so wird es ein richtig schöner und fröhlicher Tag.

Mittwoch, 18. August 2004

Ein Korallenriff besuchen, das war immer schon mal ein Traum von mir, und heute erfüllt er sich. Nach einer 45-minütigen Einführung geht es endlich zum Schnorcheln an den Strand. Es ist fantastisch, was man da in der bunten Unterwasserwelt zu sehen bekommt, und natürlich sage ich sofort bei Elad zu, als er mich für Donnerstagmorgen zum erneuten Schnorchelgang einlädt.

Nach einem Tag, an dem sich alle der Sonne, dem Baden und der gemeinsamen Erholung erfreut haben, verläuft der deutsch-polnische Kulturabend sehr gut. Die Stimmung ist riesig, die Weinprobe kriege ich auch in englischer Sprache ganz gut hin, und die Mädels haben sich zum Thema Feiertage und Singen in Deutschland einiges einfallen lassen, was die Sache auflockert. Die polnische Gruppe parodiert sehr lustig den Alltag in Polen und zeigt kostümiert ihre Volkstänze, die von allen gerne mitgetanzt werden.

Deutsches und polnisches Kulturfestival
Deutsches und polnisches Kulturfestival

Mit der Verpflichtung von Zwi, einem ehemaligen Gastronomen aus Bernkastel, der jetzt in Eilat lebt, hat unsere Chefin einen Glücksgriff getan, er sorgt für gute Musik. Die internationale Kulturverständigung endet in einer feuchtfröhlichen Party.

Donnerstag, 19. August 2004

Am Vormittag erleben wir einen weiteren Tauch- und Schnorchelkurs und am Nachmittag einen Ausflug in die Wüste, für die sich allerdings nur ein kleiner Teilnehmerkreis fand, weil der Strand so lockte.

Abends geht es dann per Bus wieder Richtung Norden, 5 Stunden nach Ra'anana. Wir übernachten in jüdischen Familien, hauptsächlich sind es die Eltern unserer GruppenteilnehmerInnen.

Freitag, 20. August 2004

Den heutigen Sabbat-Feiertag verbringen wir mit unseren Gastfamilien, um das jüdische alltägliche Leben in Israel mit einem Synagogenbesuch individuell zu erfahren.

Die gemeinsame Abendfeier zum Sabbat im Jugendzentrum ist erneut ein kulinarischer und organisatorischer Leckerbissen, den wir in erster Linie der Mutter von Talor zu verdanken haben.

Samstag, 21. August 2004

Den Tag haben wir mit unseren jüdischen Gastfamilien verbracht. Abends fand dann die große Abschiedsfeier im Jugendzentrum von Ra'anana statt, zu der auch eine ausführliche Feedback-Diskussion aller Gruppenmitglieder gehörte.

Der Abend ist ganz lustig, vor allem, als man Guy zum Geburtstag gratuliert und ihn fast beim Hochlebenlassen durch die Zimmerdecke geworfen hat. Danach begab sich die ganze Gruppe an den Strand zur ausgelassen Geburtstagsparty. Dieser Höhepunkt endete abrupt, weil unser Rückflug nach Frankfurt bevorstand und das um 3.00 Uhr morgens.

Sonntag, 22. August 2004

Es war die Nacht, die zum Tag wurde. Nun stehen wir am Flugplatz in Tel-Aviv und es kommt uns irgendwie so vor, als wäre die Zeit hier in Israel wie im Flug vergangen. Ein großes Verabschiedungskomittee will uns den Abschied erleichtern, aber zum Schluss fließen überall die Tränen.

In Frankfurt angekommen steht ein weiterer Abschied an, der von unseren polnischen Freunden, die fahren gleich per Bus weiter nach Ottmuchów. Unser Bus ist auch mittlerweile da, und nach 90 Minuten sehen wir dann Bernkastel-Kues vor uns liegen. Wir wollen nun zwar alle schnell nach Hause, werden uns aber sicher bald wiedersehen.

Schlusswort:

So, das war es, die Israelreise in eigenen Worten. Jetzt, mit dem Abstand von einigen Wochen, denke ich, dass es ein Erlebnis war, wie man es nicht immer geboten bekommt. Ich habe nette, tolle, interessante u.s.w. Menschen kennengelernt, mit ihnen gesprochen, mit ihnen gearbeitet und mit ihnen andere Dinge geteilt. Gerne würde ich nochmal hinfahren, alleine schon, um die zu treffen, die dort geblieben sind. Es sind Bilder und Personen in meinem Gedächtnis geblieben, die dort für immer ihren Platz haben werden. Und ich wünsche mir, das diese Art "Miteinander", die dort drei Wochen praktiziert wurde, Einzug hält bei allen Menschen in einem fantastischen Land, das bessere Schlagzeilen verdient hat als Berichte über Bomben, Terror und sterbende Menschen.

30. September 2004

Elmar-Georg Konrath

 

14.12.2004 Adventsfeier für ausländische Mitbürger

Ausländische Mitbürger folgen Einladung des Bündnisses für Menschlichkeit

BERNKASTEL-KUES. (mbl) "Wir sagen euch an den lieben Advent, sehet die dritte Kerze brennt": Mit diesem Lied und dem Anzünden der drei Kerzen am Adventskranz wurden die Besucher im Saal des Hotels Burg Landshut auf die vorweihnachtliche Zeit eingestimmt. Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage hatte zur Adventsfeier mit ausländischen Mitbürgern eingeladen.

Rund 100 Besucher, darunter mindestens die Hälfte Kinder, waren der Einladung gefolgt und erlebten, wie man hierzulande den Advent feiert. Egal welcher Religion, Kultur und Nationalität die Teilnehmer angehörten, sie alle saßen in gemeinsamer Runde zusammen und genossen den Nachmittag bei Kerzenlicht, adventlichen Leckereien, Gesang, Musik und Geschichten.

Der Vorsitzende des Bündnisses, Yaghoub Khoschlessan, war sehr erfreut über die große Resonanz. "Damit mich alle verstehen, müsste ich jetzt in vielen Sprachen reden", lud er zum Zuhören und Mitsingen ein. Ziel der Veranstaltung, die im vorigen Jahr erstmals mit Weihnachtsbräuchen gefeiert wurde, sei es, den ausländischen Mitbürgern im Kreis die deutsche und die christliche Kultur hierzulande näher zu bringen. Denn wie hier der Advent gefeiert werde, wüssten viele nicht.

VG-Beigeordneter Leo Wächter erinnerte in seinem Grußwort an die vielfältigen Diskussionen der vergangenen Monate über die Integration ausländischer Mitbürger. Diejenigen, die auf Dauer hier bleiben wollten, sollten ihre Herkunft nicht verleugnen und ihre kulturellen Wurzeln nicht kappen müssen. Aber die Übertragung der kulturellen Identität und Wertvorstellungen ihrer Heimatländer auf Deutschland und damit der Ausbau von Parallelgesellschaften stehe den Integrationsbemühungen oft entgegen. Die deutsche Verfassung müsse in ihrem umfassenden Bedeutungsgehalt von allen Mitmenschen, ob Deutschen oder Ausländern, uneingeschränkt akzeptiert werden, sagte Wächter.

Erwartungen an Ausländer und Deutsche

"Und von den Deutschen erwarte ich, dass sie alle Ausländer in unserem Land als Mitbürger annehmen, Verständnis für ihre besondere Lage aufbringen und ihnen ohne Vorurteile begegnen", sagte er weiter. Mit der Veranstaltung trage das Bündnis zur Verbesserung der Kommunikation - dem wichtigsten Mittel der Integration - zwischen allen Beteiligten bei.

In herzlicher Atmosphäre erfuhren die ausländischen Besucher von Hans-Günther Schmidt, dass "Advent" die Zeit der nahenden Ankunft von Jesus Christus bedeutet. Die Adventszeit sollte nicht von Hektik begleitet sein, Ruhe und Stille sollten vielmehr im Innern eines jeden einkehren.

Drei Kinder zündeten dann nacheinander die ersten drei Kerzen am großen Adventskranz an. Mit Adventsliedern, besinnlichen Texten und Instrumentalmusik gestalteten Mitglieder des Bündnisses eine Feier, die zum Mitmachen animierte. Für Natalie Namoeva aus Georgien, die mit ihren beiden Kindern in Bernkastel-Kues wohnt, sind die Weihnachtsbräuche hier eine ganz neue Erfahrung. Jacqueline aus Kenia besuchte mit ihrem deutschen Ehemann Torsten Bernard die Feier und fand die heimelige Atmosphäre sehr schön. Auch Familien aus Pakistan und Iran zeigten sich angetan von der Idee des Bündnisses, ausländischen Mitbürgern die deutsche Kultur mit ihren Riten und Festen nahe zu bringen. "Eine sehr gute Sache", lobte Hossein Khoshniat.

"Eine schöne Feier", sagte der elfjährige Adonis Shabani aus dem Kosovo. Er kam vor zwei Jahren, spricht gut Deutsch und hat Freunde in der Schule gefunden.

Und was gehört in Deutschland noch zum Advent? Natürlich der heilige Nikolaus. Frank Helfen schlüpfte in die Rolle des Kinderfreunds und verteilte aus seinem großen Sack allerlei Spielzeug.

Da strahlten nicht nur die Augen von Mathy, Daniela und Eunice aus dem Kongo, deren Eltern Ruth und John Mata mittlerweile hier an der Mosel heimisch geworden sind.