07.01.2007 Neujahrsempfang

Total verzaubert ins neue Jahr

Von unserer Mitarbeiterin MARITA BLAHAK

BERNKASTEL-KUES. Musik und Zauberei, Geschichten und Gespräche prägten den Neujahrsempfang unter der Schirmherrschaft von Verbandsbürgermeister Ulf Hangert im Hotel Burg Landshut. Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage hatte Bürger und ausländische Mitbürger zu dem internationalen Fest eingeladen.

Zauberer Hamid greift für die kleinen und auch großen Gäste des Neujahrsempfangs im Hotel Burg Landshut in seine zauberhafte Trickkiste. TV-Foto: Marita Blahak

Da machten kleine und große Gäste große Augen, als Zauberer Hamid viel Zauberhaftes aus der großen schwarzen Kiste holte und mit jeder Menge toller Zaubertricks beeindruckte. Alt und jung genossen die familiären, fröhlichen Stunden. "Miteinander, Beieinander, Füreinander" – so nannte der Vorsitzende des Vereins das Motto des Empfangs. Ein Motto, das im Laufe des Nachmittags von deutschen und ausländischen Mitbürgern in ausgelassener Stimmung "gelebt" wurde. Mit Spiel, Spaß und Musik, mit Geschichten und Zauberei, bei Gebäck und Getränken feierten die Besucher aus verschiedenen Nationen den Beginn des neuen Jahres.

Yaghoub Khoschlessan, Vorsitzender des Bündnisses, begrüßte die Besucher. Das Mit- und Füreinander stärken, Vorurteile abbauen und den ausländischen Mitbürgern die deutsche Kultur näherbringen seien Ziele des Bündnisses, sagte Khoschlessan. Er freue sich, dass es in unserer Region (fast) keine Ausländerfeindlichkeit gebe. "Das haben wir auch Stadt und Verbandsgemeinde zu verdanken, die sich für die Belange der ausländischen Mitbürger einsetzen".

Schirmherr Hangert dankte Khoschlessan stellvertretend für all diejenigen, die einen "aktiven Beitrag leisten für ein friedliches Zusammenleben". Bürgerschaftliches Engagement in allen Bereichen sei wichtiger denn je. Und das Bündnis schlage mit seiner Arbeit Brücken zwischen Kulturen und Menschen. In der VG Bernkastel-Kues lebten Mitbürger aus 73 Ländern, berichtete Hangert. Dabei mache sich Mitmenschlichkeit nicht in großen Events, sondern im Alltag bemerkbar, der geprägt ist von einer Vielzahl kleiner Gesten.

Viele trugen mit Geld- und Sachspenden, der Bereitstellung von Saal und Service sowie vielfältiger musikalischer Unterhaltung sowie Geschichtenerzählen zum Gelingen des Neujahrsempfangs bei. Durchs Programm führte Gitarrist Ulli Bögershausen. Ein Streichquartett der Kreismusikschule sowie Interpreten mit iranischer und internationaler Musik erfreuten die Gäste. Annelie Zenz sorgte mit Spiel und Spaß für die Unterhaltung der Kinderschar.

"Ein schönes Fest", sagte Nahid Moghini, die mit ihrer Familie seit drei Jahren in Graach wohnt. Die 17-jährige Iranerin fühlt sich hier zu Hause, hat viele Freunde und wechselt im nächsten Schuljahr aufs Gymnasium. Sie möchte einmal Chirurgin werden. Seit fünf Jahren leben der 12-jährige Marco und der 10-jährige Kanran an der Mosel. Es gefällt den beiden Jungen hier gut, und "wir haben bisher sehr viele freundliche Menschen kennen gelernt". Mit einem Lachen im Gesicht wenden sie sich dann wieder den unglaublichen Zaubereien Hamids zu.

06.04.2007 "Ihr wart mit Fleiß dabei"

Von unserer Mitarbeiterin

MARITA BLAHAK

BERNKASTEL-KUES. Mit Freude und Erfolg haben knapp 30 ausländische Bürger am Deutsch-Intensivkurs teilgenommen. Barbara Zirbes überreichte den Absolventen die Zertifikate.

Auf der Schultafel im Musikraum der Cusanus-Grundschule in Bernkastel-Kues steht "Willkommen" – und das in vielen Sprachen. Jeder Teilnehmer des Deutsch-Intensivkurses von Barbara Zirbes hat zur Begrüßung des Abschlussabends den Willkommensgruß in seiner Muttersprache aufgeschrieben. Aber wenn man in die große, lebhafte Schüler-Runde hineinhört, ist nun "Deutsch" die Sprache, in der sich die knapp 30 Kurs-Absolventen aus zehn Nationen unterhalten.

Paten für ausländische Mitbürger gesucht

Barbara Zirbes (links vorne) überreicht ihren Schülern die Zertifikate für die erfolgreiche Teilnahme am Deutsch-Intensivkurs. TV-Foto: Marita Blahak

Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage bietet seit 2005 kostenlose Deutschkurse für Ausländer an. Nachdem die Idee von Barbara Zirbes, Vereinsmitglied und pensionierte Lehrerin, für die Fortgeschrittenen auch einen Intensivkurs auf die Beine zu stellen, so gut angenommen wurde, bot sie in diesem Jahr erneut einen dreiwöchigen Intensiv-Kurs an. Mehr als 30 Teilnehmer kamen und fast alle hielten durch. Zirbes gratulierte den Frauen und Männern aus rund zehn Nationen: "Ihr wart mit Fleiß dabei, und auch mir hat es sehr große Freude bereitet." Mit Blick auf die vielen Frauen betonte Zirbes, dass es gerade für Mütter schulpflichtiger Kinder und auch für werdende Mütter sehr wichtig sei, dieses Angebot zu nutzen. "Wir haben in der Gruppe sehr viel gelernt", kommt es wie aus einem Munde. Und die Teilnehmer wollen sich mit ihrer Lehrerin auch künftig in losen Abständen zu lockeren Konversationsrunden treffen.

Neben den Anfängerkursen, die Mariella Wagner leitet, läuft im Herbst der nächste Intensivkurs an. Heide Ertz, Regionalkoordinatorin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Regionalstelle für Integration in Trier, informierte die ausländischen Mitbürger über die Möglichkeit von geförderten Integrationskursen in Wittlich. Weitere Infos dazu im Internet unter www.bamf.de.

Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage sucht Paten für ausländische Mitbürger, sei es für Hilfestellung bei alltäglichen Problemen und Fragen, für Gespräche oder auch Freizeitaktivitäten. Interessierte melden sich bei Barbara Zirbes, Moselweinstraße 6, 54487 Wintrich, Telefon 06534/247.

13.06.2007 Rote Karte für Neonazis

 Der TV und RWE Rhein-Ruhr suchen "Helden im Alltag". Zehn kamen in die innere Wahl. Wir stellen sie vor. Dann können unsere Leser entscheiden, an wen die insgesamt 6000 Euro Preisgeld gehen. Heute stellen wir Yaghoub Khoschlessan und Achim Schneiders vor. Von Bernkastel aus koordiniert der iranische Arzt Khoschlessan die Arbeit des "Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage". Ziel des Vereins: ein friedliches Miteinander aller Nationen in Deutschland.

Dr. Yaghoub Khoschlessan. TV-Foto: Ute Kuhnen
Dr. Yaghoub Khoschlessan. TV-Foto: Ute Kuhnen

Der TV und RWE Rhein-Ruhr suchen "Helden im Alltag". Zehn kamen in die innere Wahl. Wir stellen sie vor. Dann können unsere Leser entscheiden, an wen die insgesamt 6000 Euro Preisgeld gehen. Heute stellen wir Yaghoub Khoschlessan und Achim Schneiders vor. Von Bernkastel aus koordiniert der iranische Arzt Khoschlessan die Arbeit des "Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage". Ziel des Vereins: ein friedliches Miteinander aller Nationen in Deutschland.

Bernkastel-Kues. (lyv) "Wenn wir nicht miteinander reden, wissen wir nichts voneinander", das haben sich Yaghoub Khoschlessan aus Bernkastel-Kues und weitere 110 Mitglieder in ganz Deutschland als Motto gegeben. Seit vier Jahren ist Khoschlessan Vorsitzender des "Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage Kreis Bernkastel-Wittlich". Übergriffe von Neonazis und Skinheads in Ürzig und Kröv vor einigen Jahren hätten die Gründung des Vereins im Jahr 2000 bewirkt, erklärt er. Zwar bestehe in der Region zurzeit kein Interventionsbedarf mehr, aber der Verein arbeite weiter. "Grundgedanke und Zweck des Bündnisses ist die Aufklärung, Bildung und Sensibilisierung der Mitbewohner und insbesondere der jüngeren Generation für die Themen Gewalt, Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Extremismus".

Die Basis bilden Kulturabende anderer Völker, wie auch Seminare und Deutsch-Unterricht für Ausländer. Hier engagieren sich besonders Mariella Wagner, Barbara Zirbes und Annelie Zens. Zur Arbeit des politisch unabhängigen Bündnisses gehören ebenso die "Goodwill-Ambassador-Projekte", die Renate Khoschlessan leitet. Dabei handelt es sich um ein Austauschprogramm für Jugendliche aus europäischen und außereuropäischen Ländern, das jährlich in Deutschland, Polen, Tschechien, Israel und anderen Ländern stattfindet. Selbstredend beteiligte sich die Organisation auch bei den jüngsten Demonstrationen gegen den Einzug der Neonazis in ein Haus in Morbach.

Daneben fungiert das "Bündnis" auch als Beratungsstelle für ausländische Bürger in sozialen, politischen oder bürokratischen Notsituationen. Über finanzielle Unterstützung dürfen sich außerdem Behindertenorganisationen freuen, sowie solche, die Gewaltopfer betreuen, wie das Frauenhaus in Trier.

25.6.2007 Sommerfest der Völkerverständigung

Von unserer Mitarbeiterin Marita Blahak

Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage hatte zum Sommerfest der Völkerverständigung auf die Terrasse der Akademie Kues eingeladen. Bei Gesang und mittelalterlichen Speisen genossen die Gäste den unterhaltsamen und vergnüglichen Abend.

Mit Gesang und mittelalterlichen Speisen: Die Gäste erleben beim Sommerfest der Völkerverständigung einen vergnüglichen Abend. TV-Foto: Marita Blahak

Bernkastel-Kues. Romantisches Fackelfeuer wies den Besuchern den Weg zur Moselterrasse der Akademie Kues. Mit Blick auf das mittelalterliche Wahrzeichen von Bernkastel, den alten Michaelsturm, genossen die Gäste den Abend bei altem Liedgut und mittelalterlichem Speisenteller. "Gegrüßt seid alle von nah und fern", hieß Yaghoub Khoschlessan, Vorsitzender des Bündnisses, die Gäste willkommen und wünschte vergnügliche Stunden. Schade, dass in den Genuss der gesanglichen Darbietungen von Jan Rolph von Heidweiler und "seines Weibes" Helene von Holzerode nicht allzu viele Zuhörer kamen, wobei leider auch die ausländischen Mitbürger fehlten. Doch das tat der ausgelassenen, fröhlichen Stimmung an diesem Abend keinen Abbruch. Helene, die Liebliche, und Jan, der Mächtige, verstanden es vorzüglich, den Geschmack der Leute zu treffen. Die beiden "Spielleut" in historischem Gewande unterhielten mit Trink- und Tanzliedern, Liebeshymnen, mal romantisch, mal deftig, Vagabundenliedern oder altbekannten Volksweisen, bei dem so manch einer mitsang. Nach jedem Gesang zeigten die Zuhörer mit kräftigem Beifall ihre Begeisterung. Unter dem amüsierten Publikum war auch Hans-Georg Mettlach, ein Sammler historischen Liedguts, der das Duo schon mehrfach mit gesanglichen Schätzen versorgte. Neben dem Ohrenschmaus, verwöhnten mittelalterliche Speisen, kreiert vom "Hotel Zeltinger Hof", den Gaumen, begleitet von edlen Weinen. Die Veranstaltung fand statt mit Unterstützung der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues, der Akademie Kues und der "Kultur& Kur".

08.08.2007 Internationaler Jugend- und Friedensprojekt „Goodwill Ambassador" 2007

Botschafter des Friedens

Treffpunkt Elisenhaus: Die polnischen und deutschen Jugendlichen freuen sich auf den Aufenthalt in Israel. TV-Foto: Clemens Beckmann
Treffpunkt Elisenhaus: Die polnischen und deutschen Jugendlichen freuen sich auf den Aufenthalt in Israel. TV-Foto: Clemens Beckmann

Von unserem Redakteur Clemens Beckmann

Gemeinsam mit Israelis beteiligen sich junge Erwachsene aus Polen und Deutschland an Ausgrabungsarbeiten. Friedensarbeit im Kleinen, die vielleicht auch auf die große Politik abstrahlt.

Gemeinsam mit Israelis beteiligen sich junge Erwachsene aus Polen und Deutschland an Ausgrabungsarbeiten. Friedensarbeit im Kleinen, die vielleicht auch auf die große Politik abstrahlt.

Mülheim/Bernkastel-Kues. Offen sind sie, freundlich und zuvorkommend. "Für das Projekt brauchen wir starke Menschen", sagt Renate Khoschlessan. Schließlich sollen die 16 jungen Erwachsenen, je acht aus der Region Bernkastel Kues und dem polnischen Otmuchow (Partnerstadt der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues), als eine Art Botschafter in Israel auftreten.

Neuland betreten einige von ihnen dabei nicht, Projektleiterin Renate Khoschlessan schon gar nicht. Bereits vor drei Jahren war sie mit einer Gruppe von deutschen und polnischen Jugendlichen in Israel. Gemeinsam mit jungen Israelis (Juden und Arabern) halfen sie damals in der Negev-Wüste bei Ausgrabungsarbeiten eines jüdischen Dorfes.

In diesem Jahr verbringen sie einen Teil des Aufenthaltes bei Ausgrabungsarbeiten an der vorchristlichen Hafenstadt Yavneh-Yam, dem früheren Hafen von Jerusalem. Darüber hinaus wartet auf die jungen Leute ein umfangreiches Besuchsprogramm.

Claudia Feuerer war schon vor drei Jahren mit in Israel dabei. "Damals hat es mir sehr gut gefallen", sagt die 26-Jährige, die Islam-Wissenschaften studiert. Sie sieht sich und die anderen Teilnehmer als "Multiplikatoren für ein friedliches Zusammenleben der Nationen".

Weinprobe unterm Sternenhimmel

Auch Jakob Isselstein war vor drei Jahren dabei. Zwar müsse man sich an den Sicherheitsaufwand gewöhnen. "Doch die Leute versprühen Lebensfreude und sind sehr offen." Die 21-jährige Daria Duraj aus Otmuchow freut sich auf ein "schönes Land und historische Städte".

Angst vor möglichen Anschlägen ist nicht zu verspüren. Eine Krisenregion ist der Nahe Osten natürlich weiterhin. So musste der für 2006 geplante Israel-Aufenthalt wegen der Hisbollah-Angriffe abgesagt werden. Israel werde leider oft nur unter zwei Gesichtspunkten gesehen: als Opfer des Holocausts oder Aggressor im Nahen Osten, kritisiert Renate Khoschlessan. "Zwei Extreme, die dem Land nicht gerecht werden", sagt sie.

Billig ist der Aufenthalt in Israel nicht. Insgesamt laufen für den 14-tägigen Aufenthalt Kosten von 26 000 Euro an. Mit Spenden und Fördermitteln wird der Großteil beglichen. Die jungen Leute zahlen einen geringen Eigenanteil. Träger des Projektes ist das "Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage".

Renate Khoschlessan hat die jungen Leute aus Deutschland und Polen vor dem Abflug auf den Aufenthalt vorbereitet. "Eine starke Psyche ist wichtig. Schließlich ist das keine Spaßveranstaltung", sagt sie.

Spaß darf der Aufenthalt aber schon machen, und Spaß gab es auch schon vor dem Abflug. So erlebten die jungen Leute am Elisenhaus der Mülheimer Winzerfamilie Bauer eine Weinprobe unter Sternenhimmel: ein Erlebnis, das ihnen ebenfalls unvergessen bleiben dürfte.

04.09.2007 Die Partei ist man los, aber nicht das Thema

Nach dem Protest in Gonzerath: Politiker und Aktivisten debattieren Strategien gegen den Rechtsextremismus

Am Beinahe-NPD-Schulungszentrum in Gonzerath sucht Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (vorne, Mitte) das Gespräch mit Politikern, Vereinsvertretern und Bürgern.

TV-Foto: Ursula Schmieder

Auf einer Info-Tour hat Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar Station gemacht in Gonzerath.

Gonzerath. Dass viele Gonzerather ein Verbot der NPD freuen würde, ist nach dem Kampf gegen das im Ort geplante Schulungszentrum zu verstehen. Nach Ansicht von Experten wäre das aber keine Lösung. "Wir müssen uns immer bewusst sein, dass wir das Thema nicht los sind", gibt Monika Lazar, Grünen-Bundestagsabgeordnete, zu bedenken.

Zentrale Rolle der Bürger vor Ort

Auf einer Info-Tour durch Rheinland-Pfalz und das Saarland hat sie Halt gemacht in Gonzerath, dem Dorf, das den Nazis die Stirn geboten hat. Sie sei begeistert, dass das binnen so kurzer Zeit geklappt habe, lobt die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Strategien gegen den Rechtsextremismus. Gleichzeitig warnt sie davor zu denken, "wenn man die Partei los ist, ist man auch das Problem los". Die Menschen mit ihren Gedanken seien weiter da, erinnert sie an jüngste Übergriffe, mit denen die NPD nichts zu tun gehabt habe.

Im Kampf gegen Rechts komme daher den Bürgern vor Ort eine zentrale Rolle zu. Aber auch deren Unterstützung durch Bürgermeister, Kreis oder Vereine. Die demokratischen Akteure dürften sich nicht auseinander dividieren lassen. Gonzerath sei bundesweit ein positives Beispiel, hofft Lazar, dass alle "bei der Stange bleiben" und andere ihn ähnlichen Situationen unterstützen. Jeder sollte die Möglichkeit haben, sich zu vernetzen. Hilfreich sei eine Broschüre des Innenministeriums (kostenlos zu beziehen über Telefon 06131/163220). Landrätin Beate Läsch-Weber verweist auf die kommende Info-Tagung "Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus" (13. September, Wittlich). Es gebe generelle Bestrebungen der NPD, "sich einzunisten". Und die rechtliche Handhabe sei sehr eingeschränkt. Yaghoub Khoschlessan, Vorsitzender des "Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage", bezeichnet das Geschehen im Ort als hervorragend. Mit einem NPD-Verbot sei es indes nicht getan: "Man muss die Leute beim Namen nennen."

"Wir haben denen ein Gesicht gegeben"

Genau das hatte die Gonzerather Bürgerinitiative auch getan. "Wir haben denen ein Gesicht gegeben", berichtet Judith Linn von Aktionen, wie der Beobachtung des Eingangs zum NPD-Gebäude. Anfangs hätten sie sich einschüchtern lassen und Angst gehabt, sagt Frank Klein. Doch seien sie zur Überzeugung gelangt, "gemeinsam sind wir stark" , und in die Offensive gegangen. Von da an ließ auch das Gefühl der Ohnmacht nach, erinnert sich Ortsvorsteher Dietmar Thömmes. Für Jutta Blatzheim-Roegler, Sprecherin des Kreisverbands von Bündnis 90/Die Grünen, steht fest: "Es ist wichtig, dass der Widerstand vor Ort organisiert wird, dass es Menschen gibt, die aufstehen und sagen: Hier nicht!"

TV, 04.09.2007, geschrieben von Ursula Schmieder

09.12.2007 Mit sanfter Stimme gegen die Klischees

Von unserem Redakteur Clemens Beckmann, TV Dez 09.12.07

Die 93-jährige Rosa Mehn bedankt sich bei Romani Rose. In der Mitte Renate Khoschlessan. TV-Foto: Clemens Beckmann
Die 93-jährige Rosa Mehn bedankt sich bei Romani Rose. In der Mitte Renate Khoschlessan. TV-Foto: Clemens Beckmann

Auf Einladung des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage sprach Romani Rose in Bernkastel-Kues. Sein Bericht rüttelte auf, ging unter die Haut, und mahnte die Demokratie weiter zu stärken.

Bernkastel-Kues. Ein regnerischer Abend in der Adventszeit lädt nicht unbedingt dazu ein, das Haus zu verlassen und sich auf einen Vortrag einzulassen, der sich mit dem Schicksal von Sinti und Roma, im Volksmund oft als Zigeuner bezeichnet, befasst. Aber es lohnt sich. Etwa 50 Leute hören Romani Rose, dem Präsidenten des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma zu, als er im Hotel Burg Landshut in Bernkastel-Kues spricht.

Die Geschichte der Sinti und Roma reicht Jahrhunderte zurück. Rose beschäftigt sich mit der Zeit vor und während der NS-Herrschaft und mit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. 500 000 Sinti und Roma sind dem Holocaust zum Opfer gefallen, meist in Konzentrationslagern. Genau wie den Juden wurde ihnen, mit Hinweis auf die Rasse, das Recht zum Leben abgesprochen.

Romani Rose hat selbst 13 Angehörige in Konzentrationslagern verloren. Doch da spricht kein Mann, der von Hass geprägt ist. Da spricht jemand mit sanfter Stimme, der sich mit Stolz als Deutscher bezeichnet. "Ich identifiziere mich mit diesem Land. Deutschland hat sich wie kein anderes Land mit seiner Geschichte auseinandergesetzt", sagt der 61-Jährige.

Er verhehlt nicht, dass der Prozess der Demokratisierung, was die Sinti und Roma angeht, lange gedauert hat. Der Völkermord an der Volksgruppe sei nach dem Krieg noch jahrelang geleugnet worden. "Es fand keine Aufarbeitung statt."

Der Völkermord an den Juden sei bereits 1949 anerkannt worden, das Verbrechen an den Sinti und Roma erst 1982, erläutert er. Rose vertritt etwa 70000 Kinder, Frauen und Männer, die oft immer noch als Zigeuner tituliert werden.

Rose findet diesen Ausdruck diskriminierend. "Wir haben uns nie so genannt", sagt er. Selbst wenn der Ausdruck positiv gemeint sei, beispielsweise im Zusammenhang mit Freiheit, Liebe, Romantik, mag er ihn nicht. "Das sind Klischees und Vorurteile", sagt er. Man lebe in einer Leistungsgesellschaft und müsse sich jeden Tag beweisen. Es ist ruhig im Raum, während Rose spricht. Doch er lässt keine sprachlosen Zuhörer zurück. Die Diskussion ist intensiv und teilweise aufwühlend. Auch die jungen Menschen, wie Esther Simon, beteiligen sich daran. "Das war sehr interessant", fasst sie nach zweieinhalb Stunden zusammen. Auch Rosa Mehn hat sich mehrfach zu Wort gemeldet. Die Wintricherin mit den wachen Augen ist 93 Jahre alt. "Ein Mensch ist ein Mensch, egal ob er schwarz, weiß oder bunt ist, egal welcher Religion er angehört. Man kann Menschen zwar beurteilen, aber nicht verurteilen", sagt sie gegenüber dem TV. Ein besseres Schlusswort hätte auch Romani Rose nicht finden können.