10.01.2008 Ein edler Tropfen für den Bundespräsidenten

Als Präsent hatte Yaghoub Khoschlessan (rechts) Bundespräsident Horst Köhler und dessen Gattin einen edlen Wein in ebenso edler Verpackung mitgebracht. Foto: Annette Herrmann
Als Präsent hatte Yaghoub Khoschlessan (rechts) Bundespräsident Horst Köhler und dessen Gattin einen edlen Wein in ebenso edler Verpackung mitgebracht. Foto: Annette Herrmann

An Dr. Yaghoub Khoschlessan aus Bernkastel-Kues wird sich der Bundespräsident gerne und ganz sicher noch einmal erinnern - auch wenn es insgesamt 60 Männer und Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet waren, denen Horst Köhler bei seinem Neujahrsempfang im Berliner Schloss Bellevue am Mittwoch die Hände schüttelte.

Berlin / Bernkastel-Kues. Neben viel Prominenz aus Politik und Wirtschaft, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, war Khoschlessan als einer der 60 Ehrenamtler nach Berlin geladen, denen das deutsche Staatsoberhaupt mit dem Neujahrsempfang für ihre Verdienste dankte. Nur bei einem Händedruck wollte es der Mediziner von der Mosel, Vorsitzender des Vereins "Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage", der bei dem vom Trierischen Volksfreund und der RWE-AG ausgeschriebenem Wettbewerb "Helden des Alltags" den ersten Preis gewonnen hatte, allerdings nicht bewenden lassen.

"Ich habe dem Bundespräsidenten einen guten Tropfen von der Mosel mitgebracht. Einen 98er Eiswein mit drei goldenen Sternen. Etwas ganz Feines", verriet Khoschlessan den Inhalt der edlen und mit Leder ummantelten Kiste, die er Horst Köhler und dessen Gattin überreichte, nachdem dem Protokolleur nach gut einstündigem Anstehen in der Warteschlange endlich seinen Namen aufgerufen hatte.

Aufgeregt war der 68-jährige weder in diesem Moment noch in den Stunden und Tagen zuvor.

"Natürlich ist es eine Ehre für mich, hier eingeladen zu sein. Und ich habe mich auch sehr gefreut, dass meine Bemühungen und die Integration junger ausländischer Jugendlicher in meinem Heimatort auf diese Art und Weise gewürdigt werden", meinte der Mediziner beim Sektempfang im Anschluss an das Defiliee, nachdem "Massen-Aufmarsch" zur Begrüßung. Nervös sei er aber trotzdem nicht. Khoschlessan: "Ich kenne Köhler von einem Treffen in Heidelberg an der dortigen Hauptschule ist die Fakultät für jüdische Studien angesiedelt, für die ich ebenfalls arbeite. Und bei einer Veranstaltung der Fakultät habe ich auch den Bundespräsidenten schon einmal kennen und als ganz lockeren Menschen schätzen gelernt".

von Annette Herrmann, TV 10.01.2008

2008 Bausteine für China                    weitere Infos unter http://einwohnerhilfe.de/

Das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage übernimmt die Schirmherrschaft für dieses Projekt.

Das Bündnis setzt sich ehrenamtlich ein für Völkerverständigung, Versöhnung, Abbau von Vorurteilen durch Kennen lernen anderer Kulturen, Integration von Migrantinnen und Migranten, Aufklärung , Bildung und Sensibilisierung der Mitbürger, insbesondere der jungen Generation für die Themen Gewalt, Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Extremismus.

Es unterstützt auch die Ziele anderer Organisationen, die die in Not geratenen Menschen Hilfe leisten. Durch vielfältige Aktivitäten versucht das Bündnis, die Schranken des Nichtwissens und der Missverständnisse abzubauen und ein friedliches Miteinander und Füreinander zu ermöglichen.

Dr. Khoschlessan war so freundlich, uns ein Sonderkonto für die Spenden für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen:

Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage

Kontonummer: 32233157

Kreditinstitut: Sparkasse Mittelmosel

BLZ.: 58751230

Stichwort: Bausteine für China [dein Wohnort]

Kontaktadresse Dr. Yaghoub Khoschlessan Tel.:06531-8021

Benötigen Sie eine Spendenquittung, so teilen Sie uns dies bitte einfach mit.

28.1.2008 Herz und Seele der Erinnerung

Susanne Y. Urban spricht über den Holocaust und die Gedenkstätte Yad Vashem

Susanne Y. Urban unterhält sich mit Heinz Grundhöfer, der sich mit dem Schicksal der Bernkastel-Kueser Juden beschäftigt. TV-Foto: Clemens Beckmann
Susanne Y. Urban unterhält sich mit Heinz Grundhöfer, der sich mit dem Schicksal der Bernkastel-Kueser Juden beschäftigt. TV-Foto: Clemens Beckmann

Bernkastel-Kues. (cb) Der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 haben die Menschen in Bernkastel-Kues gedacht. Dem Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage war es gelungen, mit Susanne Y. Urban jemanden zu gewinnen, der an der Internationalen Schule für Holocaust-Studien in Yad Vashem (Israel) arbeitet.

Die in Frankfurt geborene Jüdin vermittelt unter anderem Lehrern aus den deutschsprachigen Ländern Wissen, das diese dann an die Schüler weitergeben. Damit soll die Erinnerung an die Vernichtung von sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten wachgehalten werden.

Die promovierte Historikerin erläuterte den Zuhörern die Geschichte der Gedenkstätte Yad Vashem. Das Zentrum sei "Herz und Seele der jüdischen Erinnerung", sagte sie. Es stehe auf vier Säulen: Erinnerung, Dokumentation, Forschung und Pädagogik.

3,5 Millionen Namen von Opfern seien dort verzeichnet, darunter 30 aus Bernkastel-Kues, erläuterte sie. Gelistet seien aber auch 22 000 Gerechte unter den Völkern: Nichtjuden, die Juden während der Zeit des Holocausts retteten. Darunter sind auch 450 Deutsche - unter ihnen Oskar Schindler, dessen Wirken Steven Spielberg in dem Film "Schindlers Liste" wiedergab. Dabei sei Schindler kein Mensch gewesen, dessen Nähe man suchen würde. Urban: "Er war ein Spieler, Ehebrecher und Profiteur. Aber er hat 1200 Juden gerettet."

Der Vortrag bestach auch dadurch, dass Susanne Urban nicht mit dem erhobenen Zeigefinger vor den Zuhörern stand. Sie zitierte Yehuda Bauer, der die Gedenkstätte von 1996 bis 2000 leitete. "Alle Menschen können Eichmann sein, aber auch alle Retter." Adolf Eichmann war einer der Hauptverantwortlichen für den Holocaust.

Yaghoub Khoschlessan, Vorsitzender des Bündnisses für Menschlichkeit und selbst Jude, kündigte an, dass auch in Bernkastel-Kues noch einiges in Erinnerung gerufen werde. Er ist selbst seit 31 Jahren hier wohnhaft und ist sehr glücklich über diese Zeit. "Ich habe hier noch nie irgendwelche antisemitischen Tendenzen gespürt", sagte er.

TV, 28.01.2008

30.01.2008 Eine Anschubhilfe für sinnvolle Projekte

"Wir bewegen was". Diese Aufforderung der Bürgerstiftung Bernkastel-Kues kommt gut an. 28 Vorschläge für Projekte gingen ein. Die prämierten Projekte kommen in erster Linie jungen Leute zugute.

Bernkastel-Kues. (cb) Ende 2005 rief Ulf Hangert, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues, eine Bürgerstiftung ins Leben. Sie hat das Ziel, mitzuhelfen, Ideen zu verwirklichen, die nicht in die Zuständigkeit der Kommune fallen, sowie Leute zusammenzubringen, die die gleichen Ideen haben und sich dann gemeinsam der Herausforderung stellen (der TV berichtete).

Dabei helfen soll der Ideen-Wettbewerb ("Wir bewegen was"). Die Resonanz war groß. 28 Vorschläge gingen ein. Am Montagabend überreichte Ulf Hangert die Preise, die von Sponsoren zur Verfügung gestellt wurden.

Den ersten Preis (1000 Euro) gewann die Cusanus-Grundschule in Kues für ihr Pilotprojekt zur vernetzten Schulsozialarbeit. Der zweite Preis (500 Euro) ging an die Katholische Landjugendbewegung Erden für ihr Projekt "Aufgeweckt und abgeschmeckt", der dritte Preis (250 Euro) an das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage, das sich für das friedliche Zusammenleben der Menschen einsetzt.

Ausgezeichnet wurden zudem der Jugendraumclub Ürzig und das Nikolaus-von-Kues-Gymnasium in Bernkastel-Kues. Den Jugendsonderpreis (500 Euro) erhielt der Radsportverein Monzelfeld, der in der Gemeinde eine besondere Strecke für Mountainbike-Fahrer anlegt.

"Der Wettbewerb hat sich gelohnt, wir können gute Projekte anschieben", sagte Ulf Hangert.

So wird der Diplom-Sozialpädagogin Andrea Stablo, die an der Cusanus-Grundschule in Kues bisher fünf Stunden pro Woche Sozialarbeit leistet, mit Hilfe des Geldes für zumindest ein Jahr lang die Stundenzahl verdoppelt werden können. Sie soll Ansprechpartnerin für Eltern und Schüler sein und als Vermittlerin zu den verschiedenen Behörden dienen. "Wir bilden ein Netzwerk für die Familien", erläuterte Schulleiterin Stephanie Reiter.

Eine sehr sinnvolle Verwendung gibt es auch für die 500 Euro, die die Katholische Landjugend Erden gewann. Mit dem Geld soll im Frühjahr für junge Leute (14 bis 25 Jahre) ein Kochworkshop mit fair gehandelten und regionalen Produkten organisiert werden. 2004 gab es ein solches Projekt bereits. Daraus entstand sogar eine Art Kochbuch mit Rezepten, Warenkunde und vielem Interessanten mehr. "Wir wollen dieses Mal das Jugendparlament der Verbandsgemeinde mit integrieren", sagte Organisatorin Ruth Oster. Nach Auskunft von Ulf Hangert wird die Bürgerstiftung auch die Ideen, die nicht prämiert wurden, weiter im Auge behalten.

TV, 30.01.2008

13.6.2008 Rock für Ruanda

22.8.2008 Zeitzeugen-Vortrag im Hotel Burg Landshut

Brücken der Versöhnung

Olejan Ingster erlebte die Grausamkeit des Krieges im Konzentrationslager. Doch Rachegefühle sind ihm fremd.

Bernkastel-Kues/Wittlich. (cb) Auf Einladung des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage spricht am Freitag der KZ-Überlebende Olejan Ingster im Hotel Burg Landshut in Bernkastel-Kues über sein Leben. Ingster, 1928 in Oppeln (Schlesien) geboren, wurde 1941 mit seinen Eltern ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Dort wurde die Familie getrennt. Die Eltern starben in der Gaskammer. Olejan Ingster, der sich als 16-Jähriger ausgab, musste Arbeitsdienst in mehreren Konzentrationslagern verrichten. Mit der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen erhielt auch er seine Freiheit zurück.

Den Mut zum Leben in Deutschland hat ihm das Erlebte nicht genommen. "Er hat versucht, das jüdische Leben weiterzuleben und Brücken der Versöhnung zu schlagen", berichtet Dr. Jaghoub Khoschlessan, Vorsitzender des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage. Rachegefühle und Groll seien Ingster fremd.

Seit 1966 ist er Kantor der größten jüdischen Synagoge in Berlin. Dort lernte Khoschlessan ihn auch kennen und bewegte ihn zu einem Besuch an der Mosel. Der Vortrag im Hotel "Burg Landshut" beginnt um 19.30 Uhr. Einlass ist ab 19 Uhr.

Ingster wird auch vor Schülerinnen und Schülern sprechen: am Montag, 25. August, im Nikolaus-von-Kues-Gymnasium in Bernkastel-Kues, am 26. August im Cusanus-Gymnasium in Wittlich und am 27. August im Peter-Wust-Gymnasium in Wittlich.

 

25.8.2008 Zeitzeugen-Vortrag im Gymnasium Bernkastel-Kues

Ohne Groll und Schuldzuweisungen

Von unserem Redakteur Clemens Beckmann

Als Jugendlicher hat der Jude Olejan Ingster den Terror und die Grausamkeiten des Nazi-Regimes erlebt. Die Erinnerung an den Holocaust und die damit verbundene Zwangsarbeit gibt er an junge Leute weiter.

Bernkastel-Kues. 80 Jahre alt ist der Mann, der da in der Aula des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums in Bernkastel-Kues vor dem Mikrofon steht. Die etwa 300 Schülerinnen und Schüler, die vor Olejan Ingster sitzen, sind im Schnitt 16 Jahre alt. Als Ingster so alt war wie die ihm zuhörenden Gymnasiasten, Haupt- und Realschüler, hatte er bereits mehr Grausamkeiten erlebt, als sich jeder der jungen Leute vorstellen kann.

1941, im Alter von 13 Jahren, war Ingster mit seinen Eltern aus seiner schlesischen Heimat ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert worden. Nur weil sich der junge Jude als 16-Jähriger ausgab und damit arbeitsfähig war, hatte er überhaupt eine Überlebenschance. Mehrfach ist er bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 durch Zufall dem Tod von der Schippe gesprungen. Gräueltaten waren an der Tagesordnung, dem Tod sah Ingster jeden Tag ins Auge. "Das Leben war ein Schock für mich", erzählt er.

"Haben Sie ein Buch geschrieben", fragt einer der Schüler. Nein, antwortet Ingster, und er werde auch wahrscheinlich keines mehr schreiben. Er habe 40 Jahre über das Erlebte nicht sprechen können. Sprechen könne er mittlerweile, aber die Arbeit für ein Buch würde Narben aufreißen.

Er spricht ohne Groll, ohne Schuldzuweisung. Fast so wie ein Großvater zu seinen Enkeln. Dass, so die Antwort auf eine weitere Frage, Leute immer noch oder wieder den Holocaust leugnen, mache ihn aber "traurig und ärgerlich".

34 Kilogramm wog der damals 17-jährige Heranwachsende noch, als die Amerikaner ihm und den anderen noch lebenden Lagerinsassen wieder das Leben schenkten. Seine Eltern, von denen er kurz nach der Deportation getrennt wurde, hat er nie wieder gesehen. "Trotzdem hatte er Mut zum neuen Leben", erläutert Jaghoub Khoschlessan. Auf Einladung des Vorsitzenden des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage ist Ingster an die Mosel gekommen. Er ist in Deutschland geblieben und seit 1966 Kantor der größten Synagoge in Berlin. "Haben Sie noch Alpträume?", wird er gefragt. "Manchmal", sagt er, "damit muss man leben".

Die 300 Jugendlichen in der Aula des Gymnasiums sind ganz still bei Ingsters Ausführungen. Sie dürften nun verstehen, wie wichtig es ist, die Erinnerung wach zu halten. "Denn wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Zukunft nicht in den Griff bekommen", mahnt Alfred Schmitt, der Direktor des Gymnasiums.

Ergreifend: Olejan Ingster berichtet über sein Leben.
Ergreifend: Olejan Ingster berichtet über sein Leben.

12.09.2008 Dideldum

19.09.2008 Kontext Nahost

28.10.2008 Verlegung der Stolpersteine

Ein Stein, ein Mensch

Der Künstler Gunter Demnig hat gestern in Bernkastel-Kues vor vier ehemaligen jüdischen Wohnhäusern 17 Gedenksteine - "Stolpersteine" - verlegt. Sie tragen Namen und Lebensdaten von Opfern des Holocaust. Der Stadtrat hatte im März der Verlegung von "Stolpersteinen" zugestimmt. Mitinitiiert hat die Aktion das Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage Bernkastel-Wittlich.

Gunter Demnig verlegt in Bernkastel-Kues vor vier ehemaligen jüdischen Wohnhäusern 17 Stolpersteine.TV-Foto: Winfried Simon
Gunter Demnig verlegt in Bernkastel-Kues vor vier ehemaligen jüdischen Wohnhäusern 17 Stolpersteine.TV-Foto: Winfried Simon

Bernkastel-Kues. (sim) Sitta Lewin, geborene Friedmann, war 39 Jahre alt, als sie im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet wurde. Bis 1940 lebte sie mit Eltern und Geschwistern im Haus Burgstraße 7 in Bernkastel. Ihre Eltern, Hugo und Eva Friedmann, wurden im KZ Lodz ermordet. Ihr Bruder Fritz flüchtete nach Belgien, versteckte sich dort und überlebte. Bruno, ein weiterer Bruder, und Schwester Johanna flüchteten bereits 1936 nach Südafrika.

An das Schicksal dieser und elf weiterer jüdischer Bürger der Stadt erinnern seit gestern "Stolpersteine". Sie sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Die "Stolpersteine" sind Betonsteine, auf deren Oberseite eine beschriftete Messingplatte angebracht ist. Auf jedem Stein steht "Hier wohnte…" Es folgen die Lebensdaten der Opfer.

Finanziert von Vereinen, Schulklassen und Parteien

Bernkastel-Kues ist in Deutschland die 372. Kommune, in der Demnig "Stolpersteine" verlegt hat. In Bernkastel-Kues setzte Demnig gestern weitere zwei Steine vor das Haus an der Graacherstraße 22, wo das Ehepaar Doeblin wohnte: fünf Steine vor der Schanzstraße 9 für die Familien Kahn und Schömann und vier Stolpersteine für die Familie Baum an der Kardinalstraße 63 in Kues.

Der Verlegung der Stolpersteine wohnte auch Renate Khoschlessan vom Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage Bernkastel-Wittlich bei. Der Verein hatte sich für diese Form der Erinnerung stark gemacht.

Ein Stolperstein kostet 95 Euro, finanziert werden sie von Vereinen, Parteien und Schulklassen aus Bernkastel-Kues. Die Patenschaft für den Gedenkstein von Renate Jahn hat die vierte Klasse der Cusanus-Grundschule übernommen. Renate Kahn war acht Jahre alt, als sie mit ihrer Familie 1941 ins Ghetto Lodz deportiert wurde. Die Nazi-Schergen ermordeten das Mädchen und ihre Mutter am 15. Januar 1943. Am Sonntag, 9. November, dem 70. Jahrestag der Nazi-Pogrome, werden die Erinnerungssteine enthüllt.

TV 29.10.2008

09.11.2008 Aktion Stolpersteine 2008

Jede Platte erzählt eine traurige Geschichte

Von unserem Redakteur Clemens Beckmann

Viele Menschen, junge wie alte, engagieren sich, damit auch in Bernkastel-Kues die Erinnerung an die systematische Judenvernichtung wach bleibt. "Lasst uns mutige Menschen sein", fordern sie.

Bernkastel-Kues. Es ist kein leichter Gang für Helga Baum. Zum zweiten Mal seit 1940 kommt sie zurück in ihre Heimatstadt Bernkastel-Kues. Damals wurde ihr Vater Karl Baum von den Nazis verhaftet und in ein Konzentrationslager nach Frankreich gebracht. Die damals zehnjährige Helga tauchte aus Angst vor einem ähnlichen Schicksal mit ihrer Mutter in Luxemburg unter.

Helga Baum empfindet viel Trauer

Vater Karl überlebte das Konzentrationslager, eine Tante von Helga Baum wurde vergast. 1947 wanderte die jüdische Familie in die USA aus. "Ich fühle, dass Bernkastel-Kues meine Heimatstadt ist", sagt Helga Baum bei der Enthüllung von 17 Stolpersteinen, die an die Verfolgung der Juden erinnern, die damals in Bernkastel-Kues wohnten und Opfer des Nazi-Terrors wurden. "Aber es sind auch traurige Gefühle", führt die 78-Jährige aus.

17 Stolpersteine erinnern seit Sonntag in Bernkastel-Kues an ehemalige jüdische Mitbürger. Gestiftet wurden die Stolpersteine unter anderem von Bürgerinnen und Bürgern, von Schülerinnen und Schülern der Hauptschule Bernkastel-Kues und von der Grundschule sowie vom Stadtrat.

"Sehr bewegend" empfindet Helga Baum die Enthüllungszeremonie an dem Tag, der an die Pogromnacht erinnert. Am 9. November 1938 brannten überall im Land die Synagogen. Die systematische Vernichtung der Juden nahm ihren Anfang.

Jürgen Ries, Kantor der jüdischen Gemeinde in Neuwied, erinnert an den vier Stolperstein-Standorten (Burgstraße 7, Graacher Straße 22, Schanzstraße 9 und Kardinalstraße 63) mit Gebeten und mahnenden Worten, an die Gräuel. Es sei gewollt, dass man die auf dem Bürgersteig verlegten kleinen Messingplatten mit den Namen und Daten von Holocaust-Opfern "mit Füßen tritt". Ries: "Denn die Steine lassen aufmerken, vielleicht wirklich stolpern." Wer die Inschrift lese, werde vielleicht den Mut fassen, unbequem zu fragen.

Auch Stadtbürgermeister Wolfgang Port und Jaghoub Khoschlessan, Vorsitzender des Bündnisses für Menschlichkeit und Zivilcourage, erinnern an die Opfer des Nazi-Terrors. Die Tafeln würden auf ewig an diese schreckliche Zeit erinnern, sagt Port. "Mit diesem Wissen können wir überzeugter eine friedliche, freie, tolerante, menschliche und couragierte Zukunft für unsere Kinder und Enkel gestalten", sagt Khoschlessan.

Mahnende Worte der Stolperstein-Paten

Mahnend und bewegend sind auch die Worte der Stolperstein-Paten. "Wer vor der Vergangenheit die Augen schließt, wird blind für die Gegenwart", sagt Heinz Grundhöfer. Stefan Krebs spricht von der "Mitmenschlichkeit", die er im Zusammenhang mit der Aktion bemerkt habe. "Die Steine sollen ewig an großes Unrecht erinnern", sagt Bernd Gelz. "Lasst uns mutige Menschen sein", fordert Frank Hoffmann. Auch Inge und Peter Brucker haben einen Stolperstein gestiftet. "Damit auch bei unseren Kindern die Erinnerung wach gehalten wird", sagen sie.

Bewegende Minuten: Die Stolpersteine in der Burgstraße werden enthüllt. In der Mitte steht Helga Baum, Holocaust-Überlebende aus Bernkastel-Kues. TV-Fotos (2): Clemens Beckmann, Archiv/Winfried Simon

 

9.11.2008 Erinnerung an Pogromnacht

17.11.2008

30.11.2008 Aufmerksam und betroffen

150 Menschen fanden den Weg ins Bürgerhaus Osann, um mehr über das jüdische Leben in und um Osann zu erfahren. Höhepunkt war die Präsentation der Fragmente der Osanner Thora. Der Abend wurde vom Verein "1000 Jahre Osann" veranstaltet und gab den Anstoß zur Erinnerung und Aufarbeitung.

150 Menschen fanden den Weg ins Bürgerhaus Osann, um mehr über das jüdische Leben in und um Osann zu erfahren. Höhepunkt war die Präsentation der Fragmente der Osanner Thora. Der Abend wurde vom Verein "1000 Jahre Osann" veranstaltet und gab den Anstoß zur Erinnerung und Aufarbeitung.

Osann-Monzel. (chb) Endlich hatten die Osanner Bürger Gelegenheit sich über das jüdische Leben in der Region und in ihrem Ort zu informieren und auszutauschen. Der Verein "1000 Jahre Osann" hatte zu diesem Abend eingeladen. "Osann hatte einen schlimmen Ruf im Bezug auf Juden und nicht zu Unrecht", erzählte Matthias Junk, "deshalb bin ich positiv überrascht wie viele Leute hier sind". Der "schlimme Ruf" bezieht sich auf den Fall Bergmann (siehe Extra). Nach Angaben von Rene Richtscheid, Leiter des Emil Frank Instituts, erlaubte der Kurfürst von Manderscheid bereits 1547 einer jüdischen Familie, sich in Osann anzusiedeln. Marianne Bühler, ehemalige Leiterin des Emil-Frank Instituts, erzählte von den Juden als Bürger, Religionsgemeinschaft und Fremde, Ausgegrenzte und Verfolgte. Eine Lesung von Josefine Wittenbecher führte vor Augen, wie nach dem Krieg das Thema Judenverfolgung im Ort verdrängt wurde. Dr. Yaghoub Khoschlessan sprach unterhaltsam und fachkundig über das Judentum.

Höhepunkt war die Präsentation von Fragmenten der Thora, die in der Synagoge in Osann gelesen wurde. Was mit ihr passiert, wird erst nach der gesetzlichen Prüfung entschieden. Anschließend gab es die Möglichkeit für Fragen und Gespräche. "In unserem Haus, so hat man mir gesagt, hätte sich eine jüdische Gerichtsbarkeit befunden, und der Pfad, der zur Mosel führte, hieß Sittischpfädchen, also Sühnepfad", berichtete Heinz Traut. Marianne Hoffmann erinnerte sich, dass sie oft im Haus der jüdischen Familie Kahn gespielt hat. Matthias Junk erzählte, dass es auch Leute gab, die Kindern judenfeindliche Lieder beigebracht haben.

Aber nicht alle wollten erzählen. Ein Besucher meinte "Ich weiß noch Dinge, die damals passiert sind und wer beteiligt war, aber ich sage nichts." Dennoch war die Stimmung versöhnlich. Nach dem offiziellen Teil saßen noch viele Teilnehmer zusammen. Traurige Geschichten und lange vergessene Begebenheiten kamen zum Vorschein. Extra Der Fall Bergmann: Einem 81-jährigen Juden, einem Leder- und Schuhhändler, wurden bereits 1935 die Fensterscheiben seines Geschäfts eingeworfen und sein Haus beschmiert. In der Pogromnacht wurde sein Haus geplündert und verwüstet. Daraufhin zog er nach Trier. Um noch die Mieten seiner Häuser einzuziehen und Grundstücke zu verkaufen, kam er zurück nach Osann. Die Situation eskalierte und der alte Mann wurde auf dem Weg zur Bahn nach Platten brutal zusammengeschlagen und starb.